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Landesregierung will Bürokratieabbau auf mehreren Ebenen verstärken

Hans Lange hat schon konkrete Vorstellungen: Wer etwa sein Einfamilienhaus bauen will, soll künftig generell schneller den Betonmischer anwerfen können, so der Plan des Prignitzer Landrats. Zwar gibt es bereits jetzt das so genannte Bauanzeigeverfahren, nach dem bestimmte Bauvorhaben automatisch als genehmigt gelten, falls innerhalb von vier Wochen kein Widerruf der Behörde kommt. Doch das Verfahren könne man noch verbessern, glaubt der CDU-Politiker. Aus diesem Grund nimmt Lange auch an dem Modellregionen-Projekt teil, das gestern in Potsdam als Teil des Bürokratieabbaukonzepts der rot-schwarzen Landesregierung präsentiert wurde. Staatskanzleichef Clemens Appel (SPD) will der wachsenden Bürokratie im Land "mit einer Portion Experimentierfreude" begegnen. Bürger, Verbände, Unternehmen und Verwaltungen sollten sich daran beteiligen, überflüssige Regelungen vor allem in den Bereichen Umwelt, Bauen, Bildung, Gesundheit und Unternehmensgründungen zu vereinfachen oder abzuschaffen, so Appel. "Deregulierung kann auch Spaß machen." Dafür müsse sich aber auch die Motivation der Mitarbeiter in den Ämtern ändern.

Als Beispiel nannte der frühere Bau-Staatssekretär etwa die Vereinfachung bei der Anmeldung von Unternehmen. "Die Frist von der Anmeldung einer GmbH bis zur Eintragung ins Handelsregister ist in sieben Tagen zu schaffen", ist Appel überzeugt. Derzeitige Verfahrensdauer: Rund ein Vierteljahr. Eine weitere Idee sei, Handwerksbetrieben eine so genannte Handwerkerkarte auszustellen, mit der sie unkompliziert in Halteverbotszonen parken könnten. Derzeit müssten sie jedes Mal mühselige Ausnahmegenehmigungen beantragen, so Appel.

Welche Regelungen, Vorschriften oder Gesetze im Alltag hinderlich sind oder unnötig Zeit und Geld kosten, sollen die Verwaltungen der sechs Modellregionen Prignitz, Oberhavel, Teltow-Fläming, Spree-Neiße, Brandenburg/Havel und Cottbus bestimmen. Diese sollen dann in Absprache mit dem Land für einen gewissen Zeitraum verändert oder außer Kraft gesetzt werden.

In der Stadt Brandenburg wünscht man sich, dass die Kommunalaufsicht in Fragen des Flächenverkaufs für Gewerbeansiedlungen flexibler wird, so Stadtkämmerer Steffen Scheller. Normalerweise müssen städtische Flächen zum Verkehrswert verkauft werden. "Wir wollen Preisnachlässe gewähren, wenn bei der Ansiedlung eines Gewerbes neue Arbeitsplätze entstehen." Weitere Verbesserung: Interessenten, die eine Gewerbeansiedlung planen, werden in Brandenburg/Havel inzwischen durch eine zentrale Servicestelle betreut und müssen sich nicht mehr allein durchs Verwaltungsdickicht kämpfen. Ein ähnliches Modellprojekt gibt es auch im Landkreis Teltow-Fläming.

Der Geschäftsführer des Landkreistages, Paul-Peter Humpert, lobt den Ansatz der Regierung. Es müsse allerdings auch sichergestellt sein, dass die kommunalen Spitzenverbände in den Prozess einbezogen werden. Zugleich mahnt er an, dass sowohl die einzelnen Ministerien als auch Fachpolitiker von zahlreichen "lieb gewordenen Vorschriften Abschied nehmen müssen". Bürokratieabbau müsse auf allen Ebenen erfolgen.

Bis zur Sommerpause soll die Stabstelle für den Bürokratieabbau in der Staatskanzlei mit fünf Mitarbeitern komplett sein. Sie sollen die Erfahrungen der Modellregionen auswerten und das Gespräch mit Wirtschaftsverbänden, Kommunen und Bürgern suchen. Allein von den Industrie- und Handelskammern erwartet die Regierung eine dreistellige Zahl von Vorschlägen, um das Dickicht von Vorschriften und Regelungen zu lichten. Bereits im Herbst soll zudem ein erstes Bürokratieabbaugesetz beschlossen werden.

Autor: Stephan Breiding

Quelle: Märkische Allgemeine, 08.06.2005

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