Anlässlich der Einführung von Tetrapol in Rumänien war Meissner von rumänischen Medien mit der Aussage zitiert worden, dass die EU-Richtlinien eine Bestimmung enthalten, die Ausnahmen bei öffentlichen Ausschreibungen gestatten, wenn es um die Hoheitssicherheit eines Landes geht. Im rumänischen Kontext wurde spekuliert, dass es beim Milliardenvertrag mit EADS keine echte Ausschreibung gegeben haben soll. Im deutschen Kontext wurde spekuliert, ob EADS eine Abkürzung beim aufwendigen deutschen Instanzenweg sucht, in dem der BOS-Funk seit acht Jahren steckt. Das dementierte Meissner gegenüber heise online: "Es gibt einen solchen Passus im EU-Recht, auf den ich hingewiesen habe, mehr nicht. Die rumänischen Verträge sind geprüft und entsprechen den rumänischen Gesetzen. Sonst würde EADS, egal wie umfangreich der Vertrag ist, niemals einen solchen eingehen. Die Tetrapol-Installation macht übrigens nur ein Fünftel des gesamten Vertragswerkes aus."
In Deutschland geht die förderale Abstimmung weiter. Am 6. Dezember soll der Lenkungsausschuss der Innenminister zusammentreten und über die so genannte Qualifikationsphase der Ausschreibung beraten, in der der Ausschreibungsgegenstand eingegrenzt wird. Noch ist beispielsweise offen, ob das Betreibermodell und die eigentliche Technik getrennt ausgeschrieben werden müssen. Die eigentliche Ausschreinbung zum BOS-Funk wird dann vor der Sommerpause erwartet. EADS will mit seinem Tetrapol-System gegen die Tetra-Konkurrenz mehrerer Hersteller, darunter Motorola und Nokia, und gegen den BOS-Funk im GSM-ASCI-Standard (Vodafone) ein aggressives Angebot vorlegen. Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal von Tetrapol soll dabei die Reichweite sein, die knapp über der des heutigen BOS-Analogfunks im 4-Meter-Band liegt. Sie soll es möglich machen, ein Digitalfunknetz mit annähernd denselben Standorten zu errichten, die bereits im analogen Netz existieren. Besonders im Küstenbereich verspricht sich EADS durch die Abdeckung der 12 Seemeilen-Zone mit Handfunkgeräten einen Vorteil. Der Handfunk-Rekord des Systems liegt bei 70 Kilometer -- gefunkt vom Helgoländer Oberland zu einem Silo im Husumer Außenhafen.
Autor: (Detlef Borchers) / (tol/c't)
Quelle: Heise online, 02.12.2004