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Friday, 19.04.2024
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Die DDR hatte die PKZ. Sie soll als ID in ganz Deutschland wiederkehren

Es gibt manche Errungenschaft der DDR, derer sich die Politik inzwischen wieder erinnert. Auch die Fernsehsender haben den Osten und die Ostalgie entdeckt. Nun droht offenbar eine zweifelhafte Erscheinung in neuem Gewand aufzuleben: die PKZ, in der viele die Verkörperung des Überwachungsstaates sahen. Die PKZ - die Personenkennziffer - war ein zwölfstelliger Zahlencode, der den DDR-Bürger ein Leben lang begleitete und ihn für die Behörden gläsern machte. Er enthielt unter anderem das Geburtsdatum sowie ein Kennziffer für das Geschlecht. Gespeichert wurde der Code in einer zentralen Datei in Berlin. Hier fanden sich zusätzliche Informationen zur Person, etwa ob ein Ausreiseantrag gestellt worden war. Über die PKZ konnte auch die Staatssicherheit alle relevanten Daten über einen Menschen, der in ihr Visier geraten war, erhalten. Auf 33 000 Magnetbändern und auf 20 000 Disketten speicherte die DDR diese Informationen.

Heutzutage heißt ein solcher Code nicht mehr PKZ. Er nennt sich ID - Identifikationsnummer - und soll nun in ganz Deutschland eingeführt werden. Laut den Plänen der rot-grünen Koalition zur Änderungen der Steuergesetze soll jeder Bürger eine ID erhalten und zusätzlich eine Wirtschafts-Identifikationsnummer. Unter ihnen sollen die Daten zu sämtlichen Steuerbereichen sowie die Daten der kommunalen Melderegister bundesweit gespeichert werden. Rot-Grün begründet den Plan damit, Steuergerechtigkeit schaffen zu wollen. In Bayern läuft bereits ein Test. Dort sollen die Gewerbeaufsicht und Sozialleistungsträger wie die Krankenversicherungen Zugriff auf die Wirtschafts-Identifikationsnummer erhalten.

Mit einer solchen Datei würde die gesamte Bevölkerung in Deutschland, vom Kleinkind bis zum Greis, zentral erfasst, warnt die Deutsche Vereinigung für Datenschutz. Das sei der Beginn einer lückenlosen Kontrolle - zumindest im Steuer- und Wirtschaftsbereich. Schließlich würden nicht nur die Meldeämter, sondern auch die Finanzämter und der Arbeitgeber die ID bei Steuervorgängen verwenden. Es sei dann nur noch eine Frage der Zeit, wann weitere Behörden hinzukämen.

Hoffnungen ruhen auf dem Bundesverfassungsgericht. Mehr- mals hat es bereits vergleichbare Pläne, über eine Kennzahl Persönlichkeitsprofile erstellen zu können, für verfassungswidrig erklärt.

Quelle: Berliner Zeitung, 06.12.2003

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