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Monday, 29.04.2024
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Eigentlich wollte Justizministerin Beate Blechinger (CDU) das Gesetz als ihren Erfolg verbuchen. Es war schon in die für Ende Juni geplante Bilanz der Landesregierung über die zurückliegende Legislaturperiode eingestellt worden. „Das mussten wir leider rückgängig machen“, bedauert Ministeriumssprecher Thomas Melzer.

Die oppositionelle Linksfraktion hat Blechinger um den Pluspunkt in der rot-schwarzen Kabinettsbilanz gebracht. Die Linke lehnt das Gesetz über die elektronische Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen und Verordnungen ab. Damit kann die Koalition auch nicht auf die Stimmen der Linken für die mit dem Gesetz verbundene Verfassungsänderung hoffen.

„Die Blockadehaltung ist absurd, weil die Linke das bisherige Gesetzesverfahren mitgetragen hat“, kritisiert der Vorsitzendes des Rechtsausschusses, Sven Petke (CDU). „Das ist ein reines Wahlkampfmanöver.“ Der SPD-Rechtsexperte Ralf Holzschuher hofft, dass die Linksfraktion doch noch einlenkt. Am morgigen Dienstag soll darüber endgültig entschieden werden. „Wir können bundesweit zu den Vorreitern gehören“, so Holzschuher. Bislang verzichtet nur das Saarland komplett auf Papiergesetze.

Auch die Koalition in Brandenburg will, dass die märkischen Gesetze und Rechtsverordnungen künftig nur noch über das Internet abgerufen werden können. Die Papiereinsparung wäre immens und die Verkündung von Gesetzen könnte praktisch mit dem Beschluss im Landtag erfolgen, weil der Weg durch die Druckerei entfiele, so die Begründung. Was so leicht klingt, stößt aber in der Praxis auf einige Hürden. So hat in Brandenburg ein Großteil der Bürger keinen Zugang zum Internet oder beherrscht – im Falle vieler älterer Menschen – die Technik nicht. Der Gesetzgeber muss aber dafür sorgen, dass jedermann über einen Zugang zum rechtlichen Regelwerk des Landes verfügt. Da bleibt in vielen Fällen nur das Papier.

Ein zweites Problem ist, dass Gesetze in Papierform die Unterschrift des Landtagspräsidenten tragen. Nur so sind sie gültig. Das aus dem Internet heruntergeladene Dokument muss mit einer elektronischen Signatur in Form eines Zahlencodes versehen sein. Sie ist mit der Unterschrift des Präsidenten gleichgesetzt und muss regelmäßig überprüft werden.

Margitta Mächtig, die für die Linke im Rechtsausschuss sitzt, sieht hier ein Problem: „Wir wissen nicht, wie lange elektronische Daten gespeichert werden können. Ist die Signatur des Präsidenten in 30 Jahren noch lesbar? Papier kann man mehrere Hundert Jahre aufbewahren.“ Wer das Internet nutzen wolle, könne bereits jetzt Gesetze über die entsprechenden Portale von Landesregierung und Landtag abrufen. „Der Verzicht auf Papier allein ist noch kein Bürokratieabbau“, so Mächtig.

Rechtsausschusschef Petke lässt das nicht gelten. Die Probleme seien durchaus erkannt worden. Es habe Kompromisse gegeben. So sei sich der Ausschuss – inklusive Linkspartei – einig gewesen, dass angesichts der weißen Flecken beim Internetzugang mehrjährige Übergangsfristen eingebaut werden, wo die elektronische Variante und die Papierform nebeneinander existieren. So sollen die Amtsgerichte über die jeweiligen Gesetze und Verordnungen in Papierform verfügen. Jedermann soll sie dort einsehen können. Überdies sollten die Möglichkeiten einer elektronischen Archivierung weiter untersucht werden.

„Das Gesetz würde den nötigen Einstieg in das Zukunftsmodell schaffen, ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten“, so Petke. Laut Justizsprecher Melzer ist die Zahl derer, die sich Rechtsverordnungen im Ministerium bestellen, deutlich zurückgegangen ist. „Hatten wir früher 20 bis 30 Anforderungen pro Woche, so sind es jetzt nur noch ein bis zwei.“ Offenbar seien viele mit den elektronischen Medien vertrauter als allgemein angenommen.

S.a. Vorschriften des Landes Brandenburg: www.landesrecht.brandenburg.de

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Autor(en)/Author(s): Volkmar Krause

Quelle/Source: Märkische Allgemeine, 08.06.2009

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