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Tuesday, 14.05.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Nach einer sehr emotional geführten Debatte haben die Hamburger Sektion der Ärzte gegen den Atomkrieg, der Hamburger Hausärzteverband und die Freie Ärzteschaft Hamburg eine Resolution verabschiedet, die die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ablehnt. Sie beschädige oder zerstöre durch die Speicherung sensibler Patientendaten auf zentralen Servern das Arzt-Patienten-Verhältnis, heißt es in der Resolution. Mit ihr möchten die beteiligten Organisationen einen Hamburger Ärztetag durchsetzen, der ebenfalls die eGK ablehnen soll.

Ehe die Resolution in der Ärztekammer Hamburg verabschiedet wurde, gab es mehrere Vorträge zum Thema "Medizin in Zeiten von e-Health und elektronischer Gesundheitskarte", mit denen das überwiegend ältere Publikum über die eGK informiert wurde. Diese Vorträge litten darunter, dass die Technik hinter der Gesundheitskarte und besonders die elektronische Patientenakte nur sehr abstrakt beschrieben wurden. So behauptete die Hausärztin Silke Lüder, dass mit der eGK amerikanische Methoden des Gesundheits-Managements übernommen werden, in der der Mensch hinter einem elektrischen Messwertevorhang verschwinde. Die hastige Einführung der eGK eklärte sie damit, dass die Karte für den morbiditätsabhängigen Risikostrukturausgleich gebraucht werde, der in Deutschland von der amerikanischen Firma DxCG berechnet werde.

Der Jurist Wolfgang Linder, viele Jahre Referent für Gesundheitsdatenschutz in Bremen, betonte die wichtige Rolle der elektronischen Patientenakte. Er führte aus, dass diese Patientenakte schneller als erwartet kommen und nicht erst am Ende der Einführung der eGK verwirklicht werde. Bei der kommenden Patientenakte sah Linder das Problem, dass sich die Behandlungsdokumentation nicht mehr in der jeweiligen Arztpraxis befinde, sondern auf Servern gespeichert sei, bei denen unklar wäre, wer die Server betreibt. Ausgewogener beurteilte Ulrich Montgomery, der Präsident der Hamburger Ärztekammer und Vorsitzende des Marbuger Bundes die eGK als ein Yin-Yang-Problem: Die Einführung der Karte werde positiv mit dem Arztbrief die elektronische Kommunikation unter den Ärzten beschleunigen. Die Tatsache, dass der Patient "Herr seiner Daten" auf der eGK sei, bezeichnete Montgomery hingegen als grotesken Gedanken, weil sich der Arzt nicht auf die Vollständigkeit der eGK-Daten verlassen darf. Montgomery verwies auf das Beispiel Schweden, wo eine elektronische Gesundheitskarte ohne große Diskussion eingeführt wurde, und bedauerte, dass in Deutschland nicht wie in der Schweiz ein Volksentscheid über die Einführung der eGK möglich ist.

Vertreter der Projektgesellschaft Gematik oder der Hersteller von IT-Systemen für Praxen und Kliniken waren auf der sehr gut besuchten Veranstaltung nicht zugegen. Sollte die Stimmung der Hamburger Ärzteschaft wie auch die Verlautbarungen des NAV-Virchow-Bundes oder der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen repräsentativ sein, dann ist die mangelnde Akzeptanz der eGK unter den Ärzten ein größeres Problem als die landläufig diskutierten Fragen der technischen Infrastruktur und des Datenschutzes.

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't – Hintergrund mit Links zur aktuellen und bisherigen Berichterstattung über die elektronische Gesundheitskarte und die Reform des Gesundheitswesens: Die Auseinandersetzung um die Digitalisierung des Gesundheitswesens

Autor(en)/Author(s): (Detlef Borchers) / (jk/c't)

Quelle/Source: Heise online, 21.02.2007

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