Bundesinnenminister Otto Schily will am 4. Februar den neuen Entwicklungsstandard für IT-Systeme des Bundes - das neue V-Modell XT - an der TU München der Öffentlichkeit vorstellen. Das V-Modell XT ist in Behörden und vielen Unternehmen eine Richtschnur für die Organisation und Durchführung von IT-Vorhaben. Hervorzuheben sind der Bausteincharakter, das Sichtenkonzept und die durchgängige Werkzeugunterstützung des V-Modells XT. Wissenschaftler der TU München und der TU Kaiserslautern entwickelten gemeinsam mit den Industriepartnern EADS, IABG, Siemens und 4Soft diesen Entwicklungsstandard. Das Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr (IT-AmtBw) und die Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung (KBSt) im Bundesministerium des Innern gaben den Auftrag mit einem Gesamtvolumen von 4 Millionen Euro.
"Mit dem V-Modell XT werden Behörden und Unternehmen in die Lage versetzt, Software nach dem neuesten Stand der Informationstechnologie zu entwickeln", erklärte Professor Manfred Broy von der TU München. Wie groß die Bedeutung des Vorgehensmodells mittlerweile ist, zeigt sich darin, dass es sowohl im militärischen Bereich als auch für den Verwaltungsbereich der Bundesbehörden als verbindlicher Standard gilt.
Forscher und Industriepartner konzipierten das 1997 letztmalig aktualisierte V-Modell neu. Es soll dadurch den Bedürfnissen moderner Softwaresysteme gerecht werden. Außerdem achteten die Wissenschaftler bei der Konzeption des V-Modells XT nach eigenen Angaben besonders auf eine durchgehende Werkzeugunterstützung. So erhalten die Nutzer des V-Modells XT dank dieser Open-Source-Werkzeuge je nach Projekt ein maßgeschneidertes Vorgehensmodell, Word-Vorlagen und Word-Dokumente wie beispielsweise das Angebot oder den Projektplan.
"Durch die Werkzeuge wird die Anwendung des V-Modell XT substanziell vereinfacht, so dass es auch bereits für kleine und mittlere Projekte eingesetzt werden kann. Daneben werden V-Modell-Tools kommerzieller Anbieter ihre Berechtigung für größere Projekte haben", meinte Juniorprofessor Dr. Andreas Rausch von der TU Kaiserslautern.
Das V-Modell XT ist nach dem Baukastenprinzip verwirklicht. Durch die modulare Grundstruktur kann der Anwender sein individuelles Vorgehensmodell zusammenstellen. So nutzt ein Auftragnehmer eines Softwareprojektes das V-Modell anders als ein Auftraggeber und entsprechend werden unterschiedliche Vorgehensbausteine offeriert. Beispielsweise braucht eine Firma, die sich um einen Softwareentwicklungsauftrag bewirbt, den Vorgehensbaustein zur "Angebotserstellung und Vertragserfüllung". Darin enthalten sind Produkt- und Aktivitätsbeschreibungen wie "Bewertung der Ausschreibung" oder "Vertrag".
Neben dem Bausteincharakter kommt ein weiteres Grundprinzip bei der Erstellung des V-Modells hinzu: das Sichtenkonzept. Der Anwender kann sein erarbeitetes Vorgehensmodell aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Beispielsweise liefert die Konventionssicht eine Darstellung im Hinblick auf Standards, Normen und Vorschriften. Durch die so genannten Konzeptsichten erhalten spezielle Anwendergruppen gesonderte Darstellungen unter anderem der Vorgehensbausteine oder der Aktivitäten.
Die öffentliche Hand stellt das V-Modell XT den Anwendern auf der Seite der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung (KBSt) - www.kbst.bund.de - kostenfrei zur Verfügung. Ein Download ist auch unter www.v-modell-xt.de möglich. Das Frauenhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering hat eine Lerntour erarbeitet, die auf der gleichen Website zu finden ist.
Autor: (ad)
Quelle: Golem, 03.02.2005