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Monday, 14.07.2025
Transforming Government since 2001
Virtuelle Rathäuser sollen durch Kooperationen zwischen Städten raschere Fortschritte machen

Vorbei sind die Zeiten, in denen verzweifelte Bürger vor den verschlossenen Türen des Rathauses standen, weil sich niemand die eher spärlichen Öffnungszeiten merken kann. Vorbei auch die Zeiten, in denen Herr Müller eine Stunde auf einem schlecht beleuchteten Flur wartete, nur um dann zu erfahren, dass der Sachbearbeiter Herr Meier jetzt in einem anderen Gebäude sitzt. Das E-Government, das virtuelle Rathaus im Internet, hilft den Bürgern, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Mittlerweile bietet das virtuelle Rathaus in vielen Städten mehr als reine Informationen an. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf ging am Dienstag dieser Woche das Melderegister online. Dort kann der Bürger jetzt via Internet Kurzauskünfte über den Verbleib von Mitmenschen abfragen.

Ein Blick auf das Internet-Angebot deutscher Städte zeigt jedoch, dass das E-Government in den meisten Fällen noch weit entfernt ist von seiner Idealform, dem transaktions-orientierten Service-Center. Oft werden zum Beispiel Formulare im PDF-Format zum Ausdruck angeboten, die Bearbeitung und Versendung online ist bisher nur selten möglich.

Online Formulare versenden

Die Stadt Dortmund ist diesen Schritt bei einigen sicherheitstechnisch unkritischen Verwaltungsvorgängen bereits gegangen. So können zum Beispiel Formalitäten wie die Anforderung einer Personenstandsurkunde, der Antrag auf die Ausstellung einer Lohnsteuerkarte oder die Abfuhr von Gelber Tonne oder Sperrmüll bereits online angefordert werden.

In der digitalen Auftragsmappe „doMap“ wird außerdem ein Grundstock an Daten des jeweiligen Bürgers gespeichert, so dass diese nicht in jedes Auftragsformular manuell eingegeben werden müssen. Um Zugang zu seiner „doMap“ zu erhalten, muss sich der Bürger trotz allem einmal auf den Weg ins reale Rathaus machen. Dort wird seine Identität überprüft und er erhält seine Zugangsdaten.

Bei einer Veranstaltung des Düsseldorfer „Arbeitskreises E-Government“ in dieser Woche kristallisierte sich schnell heraus, dass die generelle Zurückhaltung der Stadtverwaltungen gegenüber der Online-Bearbeitung von Aufträgen und Formularen auf rechtliche Unsicherheiten zurückzuführen ist. Denn für die meisten Anträge schreibt der Gesetzgeber eine Unterschrift zwingend vor. Weitere Probleme ergeben sich durch Unstimmigkeiten in der Gesetzgebung. So müssen Dokumente von der Stadtverwaltung unter Umständen bis zu 35 Jahre lang archiviert werden, während eine digitale Unterschrift, eine so genannte Signatur, lediglich fünf bis zehn Jahre ihre Gültigkeit behält.

Die Stadt Bremen hat sich auf diesem Gebiet hervorgetan, indem sie ihren Bürgern für 15 Euro eine subventionierte Signaturkarte mit einem Lesegerät zur Verfügung stellt. Die bisher rund 3000 Besitzer dieser Geräte können sich den Weg zum Rathaus künftig sparen, denn sie können mit Hilfe ihrer virtuellen Unterschrift fast jedes Anliegen online bearbeiten. Dafür erhielt Bremen im Juli den „E-Government-Award“, die höchste Auszeichnung dieser Art in Europa, díe regelmäßig von der Europäischen Union für vorbildliche Beispiele elektronischer Verwaltungsdienste verliehen wird.

Nachbarstädte sollten sich zusammenschließen

Ein weiterer Grund, warum sich das virtuelle Rathaus so langsam weiterentwickelt, obwohl der technischen Umsetzung mittlerweile fast keine Grenzen mehr gesetzt sind, ist die Verwaltungsstruktur Deutschlands. „Unser Dilemma ist die starke Zersplitterung der Verwaltung durch die verschiedenen Ebenen Bund, Länder und Kommunen“, sagte Thomas Neukirch, Vorsitzender des „Abeitskreises E-Government“ und Leiter des Amtes für Informationsmanagement in Düsseldorf.

Neukirch regt deshalb den Zusammenschluss benachbarter Städte zu E-Government-Initiativen an, um so mit vereinten finanziellen und personellen Mitteln Lösungen für generelle Verwaltungsprozesse zu erarbeiten. „Der Bürger will am Front-End, auf der Benutzeroberfläche, seine Stadt wahrnehmen, aber was im Backoffice geschieht, das interessiert ihn nicht“, betont Neukirch.

Das hat auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erkannt und kürzlich das Projekt Media@Komm neu aufgelegt. Dieses Mal werden im Gegensatz zu 1998 aber nicht die drei Städte mit dem überzeugendsten Konzept (Nürnberg, Esslingen und Bremen) bei der Umsetzung ihres Internetauftritts unterstützt. Statt dessen wird der „Transfer“ von erfolgreich erprobten Lösungen auf andere Städte prämiert.

Bereits angelaufen ist das Projekt „Digitales Ruhrgebiet/NRW“ (d-NRW). Städte und private Wirtschaft arbeiten hier eng zusammen. Neben den Einsparungen durch die gemeinsame Entwicklung der technischen Voraussetzungen, versprechen sich die Verantwortlichen Einsparungen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich durch die Effektivitätssteigerung der Verwaltungen durch Dienste wie die elektronische Vorgangsbearbeitung oder die elektronische Melderegisterauskunft.

Kleine Städte schneller als die Großstadt Düsseldorf

In Bergisch Gladbach, Bergkamen, Coesfeld, Gütersloh, Herten, Lippstadt, Olsberg, Paderborn, Ratingen, Rees, Rietberg und Siegburg gibt es die elektronische Melderegisterauskunft bereits seit Juli. Sie war nur einer von acht Teilen des „E-Government-Starter-Kits“, das die zwölf kreisfreien Städte gemeinsam entwickelt haben. So waren die zwölf kleinen Städte zusammen letztendlich sogar einen Schritt schneller am Etappenziel als die Metropole Düsseldorf.

Quelle: Handelsblatt, 20.11.2003

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