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Saturday, 18.05.2024
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Den Gegnern eines gesetzlich geregelten Bürgerrechts auf Akteneinsicht scheinen die Argumente auszugehen. Gleichzeitig wächst der Druck auf die Bundesregierung, nach mehrfach gescheiterten Anläufen ein Informationsfreiheitsgesetz zu erlassen, das diesen Namen auch verdient. Das zeigte eine Tagung der Bertelsmann-Stiftung über "Informationsfreiheit und den transparenten Staat" am heutigen Dienstag in Berlin. Dort bezeichnete Hansjörg Elshorst, Vorsitzender der deutschen Abteilung der Antikorruptionsgesellschaft Transparency International, die hierzulande von der Wirtschaft immer wieder gegen ein Informationsfreiheitsgesetz ins Feld geführten Bedenken rund um den Schutz von Betriebsgeheimnissen als "Scheinproblem". Diesem Bedürfnis werde in 54 Staaten weltweit und auch bereits in vier Bundesländern längst Genüge getan.

Zuvor hatte Klaus Bräunig, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), die Sicht der Unternehmen zusammengefasst. Demnach bringe ein Akteneinsichtsgesetz keinen "Mehrwert" gegenüber dem bestehenden Verwaltungsrecht und dem Grundgesetz. Auch das häufig ins Feld geführte Argument der Korruptionsbekämpfung greife nicht, da derlei Praktiken "sicher nicht zu den Akten der Behörden gegeben würden." Vor allem müsse "ich als Unternehmer" auch in Zukunft immer bestimme können, so Bräunig, was ein Geschäftsgeheimnis sei. Auch Schadensersatzansprüche müssten jederzeit gegeben sein.

Einen konkreten Fall, in dem bestehende Informationsfreiheitsgesetze zur Wirtschaftsspionage missbraucht wurden, konnte der BDI-Vertreter jedoch nicht nennen. Unternehmerische Geheimnisse würden eher durch weltweite Lauschsysteme unter amerikanisch-britischer Führung wie Echelon oder durch "unsichere Datennetze" verraten, als durch Akteneinsichtsregelungen, merkte der Beauftragte für Neue Medien der SDP-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, an. Generell gehe es bei einem solchen Gesetz nicht hauptsächlich um den Korruptionsaspekt, sondern um den "Geist", dass die Bürger genau dann einen Vorgang genauer unter die Lupe nehmen könnten, wann immer sie das wollten. Insofern sei ein Informationsfreiheitsgesetz das Gegengift gegen das weit verbreitete "Gefühl im Lande, dass alles hinter geschlossenen Türen passiert."

Für Elshorst ist das Recht auf Akteneinsicht und die damit anvisierte transparente und effizientere Verwaltung gar ein klarer Standortvorteil. So werde Deutschland in der Wahrnehmung von außen als immer klüngelhafter und bestechlicher empfunden. Im Antikorruptionsregister seiner Organisation sei die Bundesrepublik auf Platz 18 abgerutscht. Das würde internationale Firmen und Anleger von außen abschrecken.

Die Bertelsmann-Stiftung selbst hat in zahlreiche Gründe zusammengetragen, warum Deutschland nicht mehr länger "auf der Landkarte des freien Informationszugangs einen weißen Fleck" bilden dürfe. "Mit der prinzipiellen Freigabe aller Verwaltungsinformationen kann die Politik ein wichtiges Signal des Vertrauens und der Kooperationsbereitschaft an den Bürger senden", heißt es. Für Projektmanager Thomas Hart ist es für eine Demokratie selbstverständlich, dass sich die Wähler "maximal aus guten Quellen unterrichten können". Aber auch die Wirtschaft könne profitieren, ergänzte seine Kollegin Carolin Welzel. Aus den in der Verwaltung schlummernden Informationen ließen sich Geschäftsmodelle generieren. Ein Beispiel seien Geodaten.

Ob das Informationsfreiheitsgesetz wirklich kommt, ist noch fraglich. Die Grünen haben zwar bereits ihren Punktekatalog vorgelegt. Und auch die Sozialdemokraten hätten sich keineswegs von dem in der Koalitionsvereinbarung einmal wieder festgehaltenen Projekt verabschiedet, beteuerte Tauss. Es gebe aber noch einige offene Fragen und Widerstände in einzelnen Ressort zu überwinden. Einen grundsätzlichen Fahrplan für das Gesetz habe die Regierungskoalition zusammen mit den Staatssekretären der entscheidenden Ministerien bis zum Herbst abgesteckt.

Quelle: Heise Online

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