Die elektronische Akte ist Viefhues' Vision. Damit könnte aus seiner Sicht viel Zeit gespart werden. "Es kann schneller gehen, weil die Transportwege entfallen." Wenn die E-Mail aber genauso lang liegen bleibe wie die Akte unterwegs gewesen wäre, sei nichts gewonnen. Deshalb müssten die Arbeitsabläufe in der Justiz der neuen Kommunikation angepasst werden.
Ein großer Gewinn wäre aus seiner Sicht die elektronische Akteneinsicht. Derzeit müsse der Anwalt die Akten noch bei Gericht abholen, kopieren und zurückbringen. Sie sei für die Zeit nicht verfügbar. Das gelte auch, wenn Gutachter um ihre Meinung gefragt würden. Die Akte stehe dann teils monatelang nicht zu Verfügung. "In Zukunft kann die Akte von mehreren Leuten gleichzeitig bearbeitet werden. Das ist ein Vorteil, der sich rechnen wird", sagte Viefhues.
Dass es trotz des Internet-Zeitalters lange noch nicht so weit ist, führt Viefhues auf die vielfältigen Strukturen und Vorschriften in der Justiz zurück. "Wir haben 150 Jahre Akten bearbeitet, aber wie man das elektronisch macht, müssen wir erst noch lernen." Ein Beispiel seien Beweisstücke wie Urkunden. Sie könnten zwar eingescannt werden, Beweisobjekt sei aber noch immer das Papier -- nicht zuletzt, weil Dateien leicht manipuliert werden könnten. "Wir tasten uns so langsam ran, teilweise gibt es noch keine gesetzlichen Bestimmungen", sagte Viefhues.
Der Aufbau der elektronischen Kommunikation sei mit hohen Kosten verbunden. "Wir versuchen auszuloten, was sinnvoll ist und was nicht", sagte der Amtsrichter. Bundesweit gebe es um die 25 Pilotverfahren, beispielsweise bei Scheidungen oder Bußgeldverfahren.
Autor: (dpa) / (anw/c't)
Quelle: Heise online, 23.09.2005