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Ab Juli bekommt jeder Bürger – vom Baby bis zum Greis – eine persönliche Steueridentifikationsnummer. So werden erstmals alle Deutschen zentral von einer staatlichen Behörde erfaßt, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), so AP. Die elfstellige Zahlenkombination gilt ein Leben lang, wird erst 20 Jahre nach dem Tod wieder gelöscht und ersetzt die alte Steuernummer. Steuertricksereien sollen damit deutlich erschwert werden. Kritiker aber sehen darin einen weiteren Schritt zum gläsernen Bürger. Die Finanzbehörden haben damit bessere Karten bei der Suche nach unversteuerten Einnahmen.

Die Registrierung und Vergabe der künftig lebenslangen, individuellen Nummern läuft automatisch: Ab 1.Juli übermitteln die rund 5200 Einwohnermeldestellen Listen mit den gemeldeten Bürgern an das BZSt nach Bonn. Von dort bekommt jeder seine Identifikationsnummer zugeteilt. Sie besteht aus zehn Ziffern und einer extra Prüfzahl. In dieser Kombination werden Name, frühere Namen, Titel, Anschrift, Geschlecht, Geburtstag und -ort sowie das zuständige Finanzamt verschlüsselt. Ab Oktober würden die neuen Zahlenfolgen mitgeteilt, bis zu dieser Information blieben die alten Steuernummern gültig, so AP.

Als erstes bekommen demnach Rentner die neuen Kontrollmechanismen der Finanzbehörden zu spüren. Hat ein Ruheständler übersehen, daß er wegen des Alterseinkünftegesetzes neuerdings Steuern zahlen muß, kann er leicht aus dem Datenpool herausgefischt und zur Kasse gebeten werden. Seit 2005 ist z. B. steuerpflichtig, wer eine hohe gesetzliche Rente sowie Zusatzeinkünfte wie eine Betriebsrente oder Mieteinkommen bezieht oder wessen Ehepartner noch arbeitet.

Um das Kontrollnetz auch bei den anderen Bürgern enger zu ziehen, müßten jetzt erst noch die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, betonte der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondra­czek, gegenüber AP. Nach derzeitiger Gesetzeslage soll nur das Finanzamt Daten beim BZSt abrufen dürfen, andere Behörden lediglich in Ausnahmesituationen. Reiner Holznagel, Geschäftsführer des Bunds der Steuerzahler, ist jedoch mehr als skeptisch: »Vom Kontenabrufverfahren haben wir gelernt, daß die Behörden dazu neigen, einmal erhobene Datenbestände auch für Zwecke zu verwenden, die ursprünglich nicht vorgesehen waren.« Es müßten jetzt klare Gesetze her, wer auf den Datenpool Zugriff habe.

Erich Nöll vom Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine plädiert für noch mehr Steuerehrlichkeit der Bundesbürger und dafür, daß sie sich beim Abfassen ihrer Steuererklärung helfen lassen. »Wer in großem Stil hinterzogen hat, kann in großem Stil auffliegen«, warnte er. Steuerschulden etwa aus Schwarzgeldtransfers ins Ausland könnten überdies noch 20 Jahre nach dem Tod des Steuersünders den Hinterbliebenen das Leben schwer machen, so Markus Deutsch vom Deutschen Steuerberaterverband.

Autor(en)/Author(s): (AP/jW)

Quelle/Source: Junge Welt, 06.06.2007

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