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Um sich vom Innovationspotenzial Deutschlands zu überzeugen, muss man neuerdings nicht nur in Sachen Transrapid nach Asien reisen: Macao und Taiwan nutzen digitale Bürger- beziehungsweise Gesundheitskarten made in Germany.

Egal ob intelligente E-Government-Lösungen oder Magnetschwebebahn: Innovative Projekte werden hierzulande häufig gestoppt oder auf die lange Bank geschoben. Dabei, so Willi Berchtold, Vorsitzender der Geschäftsführung des Smartcard-Herstellers Giesecke & Devrient (G&D) und Präsident des hiesigen IuK-Dachverbands Bitkom, profitierte auch Deutschland von den intelligenten Technologien. Er verweist dabei nicht ganz zufällig auf zwei Referenzprojekte seines Unternehmens in Ostasien: So stattet G&D zusammen mit Siemens Business Services (SBS) und Infineon als Chiplieferant die 460000 Bürger der chinesischen Inselprovinz Macao in den nächsten vier Jahren mit einem digitalen Personalausweis aus. Im Nachbarland Taiwan findet zudem aktuell das weltweit größte Java-basierende Smartcard-Projekt im Gesundheitswesen statt. Im Rahmen einer Generalüberholung des nationalen Gesundheitssystems erhalten dabei die rund 23 Millionen Bürger bis Ende 2003 eine elektronische Gesundheitskarte.

Auftragnehmer ist GD Teco, ein Joint Venture des Münchner Banknoten- und Chipkartenherstellers mit dem taiwanischen Mischkonzern Teco. Das taiwanische Bureau of National Health Insurance (BNHI) schätzt, dass mit dem Ersatz der bisherigen Papierkarte durch eine Smartcard-Lösung bereits in der ersten Stufe des Projekts die gesamten Gesundheitskosten um ein Drittel reduziert werden können.

Karte soll Missbrauch verhindern

In Zahlen ausgedrückt, sind dies 1,2 Milliarden Dollar, die die taiwanische Behörde innerhalb von fünf Jahren mit der Eindämmung des Papierverbrauchs, unnötiger Mehrfachbehandlungen einer Erkrankung oder Kartenmissbrauchs einsparen will. Dieser Kostenersparnis stehen 191 Millionen Dollar für die Einführung des neuen Systems gegenüber.

Das Engagement in der Region lohnt sich, stellt der asiatisch-pazifische Raum nach Untersuchungen von Frost & Sullivan doch inzwischen den weltweit zweitgrößten Markt für Smartcards dar. Wenngleich ein Großteil des Geschäfts auf Geld- und Telefonkarten basiert, dürfte die Bedeutung der Region noch deutlich wachsen, etwa wenn China damit beginnt, elektronische Personalausweise an seine über eine Milliarde Menschen auszugeben. Kenner der Region schätzen jedoch, dass die Volksrepublik bei der Umsetzung auf Erfahrungen aus den Pilotprojekten in Macao und Hongkong - dort unterlag G&D einem Konsortium um den lokalen TK-Konzern PCCW - zurückgreift und die Hilfe externer Firmen so wenig wie möglich in Anspruch nimmt. Doch selbst ein geringer Anteil am E-Government-Markt im Reich der Mitte dürfte beachtlich sein und neben G&D auch Konkurrenten wie Gemplus oder Schlumberger auf den Plan rufen.

Auch die spätestens für Anfang 2006 geplante Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte in Deutschland ist für das Münchner Traditionsunternehmen alles andere als ein Heimspiel. Vielmehr ging die erste Runde an die Konkurrenz, den Auftrag für die Erstellung der Rahmenarchitektur gewann das Konsortium aus IBM Global Services, SAP, Orga und Fraunhofer-Institut. G&D-Chef Berchtold hofft aber, aufgrund der Erfahrungen in Taiwan und der Aufstellung seines Teams als "Deutschland AG" letztendlich den Zuschlag für den Kernauftrag zu bekommen.

Aufstellung als "Deutschland AG"

G&D kooperiert dabei nicht nur mit Roland Berger, T-Systems, SBS und dem Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen (ZTG). Zusätzlich setzt das Konsortium auf das von G&D entwickelte und vom Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zertifizierte Chipkarten-Betriebssystem "Seccos", anstatt eine Java-Lizenzgebühr von fünf Cent je Karte an Sun zu entrichten. Berchtold sieht das Volumen für das Gesamtprojekt in einer Größenordnung von rund 600 Millionen Euro, rund ein Drittel entfiele dabei auf die Smartcard selbst.

Quelle: Computerwoche, 08.04.2004

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