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Elektronischer Reisepass wird bundesweit ausgestellt -Datenschützer zweifeln an höherer Fälschungssicherheit

Ab dem 1. November wird der neue elektronische Reisepass (ePass) bundesweit ausgestellt. Nach Ansicht des scheidenden Bundesinnenministers Otto Schily (SPD) wird er mehr Fälschungssicherheit bringen. Doch Datenschützer wie der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, halten dies nicht für belegt.

Der Chaos Computer Club (CCC) befürchtet sogar ein Debakel bei den Passkontrollen an den Flughäfen, wenn in ein bis zwei Jahren die im Pass in einem Chip gespeicherten Fotos per Kamera mit den Gesichtern der Passinhaber abgeglichen werden könnten.

Der kleine Unterschied

Der neue Biometriepass unterscheidet sich vom alten Reisepass durch einen kleinen Speicherchip, der über Funk ausgelesen werden kann. In dem Chip werden die Daten des Passinhabers sowie dessen digitalisiertes Foto gespeichert. Ab März 2007 sollen überdies noch die Daten von zwei Fingerabdrücken erfasst werden. Bei Zollkontrollen können diese Informationen in Zukunft dann abgerufen und mit den Gesichtern von Reisenden verglichen werden. Eine eigene Stromversorgung braucht der Chip dazu nicht, er wird durch das elektromagnetische Feld des Lesegeräts mit der nötigen Energie versorgt.

Schily zufolge ist "der neue ePass ein Sicherheitsgewinn für Deutschland". Er sei noch stärker gegen Fälschungsversuche geschützt und unterstütze künftig die Identitätsfeststellung bei Grenzkontrollen, erklärte Schily am Freitag. Doch Datenschützer melden Zweifel an: Alle Ergebnisse der von Schily veranlassten Tests zur System- und Überwindungssicherheit des Chips würden geheim gehalten. Zudem gehörten deutsche Reisepässe bereits jetzt zu den sichersten überhaupt.

Datenschutz an ausländischen Grenzen?

Bürgerrechtler kritisieren überdies, dass die elektronischen Pässe das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzten. Zwar dürften die biometrischen Daten in Deutschland von keiner Behörde zentral in Datenbanken gespeichert werden. Doch das sei an ausländischen Grenzen durchaus möglich, ohne dass der Passinhaber diese neue Form der Überwachung bemerken könne.

Praktische Kritik an dem neuen Pass üben Computer-Experten. Sie verweisen auf die Biometrie-Studie "BioP II" des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), wonach Lesegeräte noch nicht praxistauglich seien. Bei Tests von verschiedenen Techniken seien in etlichen Fällen Personen anhand von Gesichts- oder Fingerabdruckscans nicht erkannt worden, teilte der Chaos Computer Club mit.

Das schwierige Passfoto

Glaubt man den Befürchtungen, werden die Zollbeamten beim Kampf gegen den Terror zunächst einmal mit unzulänglicher Technik zu kämpfen haben. Und der Bürger wird konfrontiert mit peniblen Anforderungen an die Qualität seines Passfotos. Einfach nur in einen Fotoautomaten am nächsten Bahnhof zu lächeln reicht nicht mehr.

Gefordert wird nun eine gerade Kopfposition mit ernstem Gesichtsausdruck und geradem Blick in die Linse. Dabei müssen Ausleuchtung und Bildkontrast ebenso stimmen wie die minimale und maximale Gesichtsgröße (32 bis 36 Millimeter). Entspricht das Bild nicht den Fotomustertafeln und der Biometrietauglichkeitsprüfung der Bundesdruckerei, müssen auf eigene Rechnung neue Fotos gemacht werden. Dabei ist der High-Tech-Pass schon so teuer genug. Bürger bis 26 Jahre zahlen für den nur fünf Jahre gültigen Pass 37,50 Euro. Ältere kostet er 59 Euro und ist dann immerhin zehn Jahre gültig.

Autor: Jürgen Oeder

Quelle: ZDF heute, 01.11.2005

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