Heute 283

Gestern 705

Insgesamt 39436387

Dienstag, 21.05.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Elektronische Patientenakte in Österreich erfolgreich

Wissenschaftler der Fachhochschule Osnabrück haben den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) in deutschen Krankenhäusern untersucht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einrichtungen noch weit von der vernetzten High-Tech-Klinik entfernt sind. Beim Übergang eines Patienten von einer Versorgungseinrichtung in die nächste erfolgt der Datenaustausch zum Großteil noch in Papierform. In Vergleich zu den Vorjahren sei aber ein positiver Trend erkennbar, ergab die Studie. Immer mehr Einrichtungen nutzen die neuen Technologien - sowohl im administrativen als auch im klinischen Bereich.

Die Forscher fanden heraus, dass die Kooperation der Krankenhäuser mit verschiedenen Gesundheitseinrichtungen wie Rehakliniken, Ärzten und Apotheken immer besser funktioniert. Während die befragten Krankenhäuser zum Anfang des letzten Jahres nur 643 derartige Verträge abgeschlossen hatten, waren es zum Jahresende 2005 schon dreimal so viel.

"Man würde vermuten, dass der Zusammenschluss von Einrichtungen dazu führt, dass Partner vermehrt über elektronische Medien miteinander kommunizieren", bemerkt Ursula Hübner, Leiterin der Studie. Die Forscher konnten diese These in ihrer Studie jedoch nicht bestätigen. Bei 57 Prozent der abgeschlossenen Verträge erfolgt der Datenaustausch der einzelnen Institutionen auf Papierbasis, bei 26 Prozent sowohl in elektronischer als auch in herkömmlicher Papierform und nur bei 17 Prozent rein elektronisch. Ob dies auf Anlaufschwierigkeiten mit der neuen Technologie zurückzuführen ist oder ob die Krankenhäuser die Bedeutung von IuK einfach nicht erkannt haben, wollen die Forscher noch herausfinden.

Für ihre Studie befragten die Wissenschaftler 335 Krankenhäuser in ganz Deutschland. Nur acht Prozent der Kliniken setzen derzeit eine Elektronische Patientenakte (EPA) ein. 33,6 Prozent haben begonnen, ein solches Verzeichnis einzuführen und 36 Prozent gaben an, sich damit noch gar nicht zu beschäftigen. Eine EPA speichert sämtliche Daten eines Patienten und ermöglicht den Abruf der Befunde rund um die Uhr. Die Datenbank spart den Patienten unnötige Mehrfachuntersuchungen und kann im Notfall Leben retten, da Eckdaten wie Laborwerte und Blutgruppenzugehörigkeit innerhalb von Sekunden zur Verfügung stehen.

In Österreich wird die EPA schon seit längerem genutzt. 72 Mio. Befunde hat der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) bereits elektronisch erfasst, 7.000 Anwender dürfen auf die einzelnen EPAs zugreifen. "Das Zugriffsrecht ist streng geregelt", erklärt Carole Tomaschek, Leiterin der Informatik im Gesundheitsverbund (IGV) des KAV, im Gespräch mit pressetext. "Jeder kann nur die Teile der jeweiligen Patientenakte einsehen, die für ihn relevant sind. Ein Arzt sieht also andere Informationen als ein Mitarbeiter der Administration."

Seit dem ersten Test der Patientenakte in elektronischer Form vor sieben Jahren ist die EPA flächendeckend in allen zum KAV gehörenden Krankenhäusern eingeführt worden. Nur im Allgemeinen Krankenhaus Wien gibt es das System noch nicht. "Wir konnten bisher ein sehr gutes Fazit aus dem Einsatz der EPA ziehen", berichtet Tomaschek. "Die Informationen können nicht nur in einem Spital, sondern verbundweit abgerufen werden. Dadurch ist eine zielgerichtetere und schnellere Behandlung möglich und teilweise können sogar Doppeluntersuchungen vermieden werden."

Besonders wichtig sei den österreichischen Ärzten, dass der so genannte Arzt- oder Patientenbrief, der bei der Entlassung eines Patienten die wichtigsten Befunde zusammenfasst, in elektronischer Form erfasst wird, berichtet Carole Tomaschek. Dieser Arztbrief werde auch an weiterbehandelnde Ärzte und Pflegepersonal außerhalb der Krankenhäuser verschickt, wenn der Patient dies wünscht.

Im Moment arbeite man beim KAV daran, auch Bilddaten wie etwa Röntgenbilder in die Datenbank aufzunehmen und das System auch in Pflegeheimen in Betrieb zu nehmen. Bis dies auch in Deutschland geschieht, wird wohl noch einige Zeit vergehen. "Im Vergleich zum Marathonlauf befindet sich IuK in Deutschland bei Kilometer 17, bis zum Ziel bei Kilometer 42,195 ist es aber noch ein weiter Weg", fasst Hübner abschließend zusammen.

Autor: Verena Töpper

Quelle: Pressetext Deutschland, 27.03.2006

Zum Seitenanfang