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Donnerstag, 1.05.2025
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Seit 17. Februar dürfen Steuerwege auch elektronisch zurückgelegt werden. Doch das birgt neben Vorteilen auch einige Gefahren. Manchmal hat die Zukunft erstaunliche Ähnlichkeit mit der Vergangenheit. Als im Jänner die österreichischen Finanzämter ihre virtuellen Türen geöffnet und ihre „Kunden“ in die elektronischen Amtsräume gebeten haben, hieß es für viele Arbeitnehmer erst einmal: „Bitte warten!“ Steuerzahler, die heuer erstmals ihre Arbeitnehmerveranlagung per Internet vornehmen wollten, konnten dies nur mit Verzögerung. Der Grund: Die neuen Formulare zur Übermittlung der Lohnzettel haben so manche Personalabteilung in Österreichs Unternehmen überfordert. Die Finanzämter haben von den Firmen die für die Arbeitnehmerveranlagung notwendigen Daten erst mit Verspätung erhalten. Und ohne diese Daten geht natürlich gar nichts.

In Zukunft aber soll beim Steuerzahlen einiges schneller und leichter gehen als bisher – besonders für Unternehmen. Seit 17. Februar kann die Umsatzsteuervoranmeldung (für Zeiträume ab 01/2003) auch elektronisch übermittelt werden. Im kommenden Jahr sollen Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuererklärung folgen. Doch elektronisches Steuerzahlen über die Internet-Plattform des Finanzministeriums bringt nicht nur Erleichterungen, sondern birgt für Unternehmen auch manche Gefahren.

Papierlos. Die wichtigste Neuerung für Steuerzahler stellt der Wegfall der bisher üblichen Papierbeilagen – etwa der Bilanz – bei der Steuererklärung dar. Auf den elektronischen Formularen sollen zukünftig lediglich vom Finanzministerium vorgegebene Kennzahlen eingetragen werden. Auf der Ertragsseite werden das voraussichtlich fünf, auf der Ausgabenseite 15 Positionen sein. Unter anderem im Kennzahlenkatalog der Finanzer: Waren- oder Anlagenerlöse, Personalkosten und Abschreibungen. Über die Kennzahlen hinausgehende Details wie Anlagespiegel oder Saldenliste sind nicht mehr erforderlich. Was dem Unternehmer die Abgabe von Bilanzen erspart, erspart der Verwaltung viel Geld. „Die Verantwortlichen wollen weg von so genannten unstrukturierten Informationen. Das heißt, sie wollen keine Bilanzen mehr lesen“, sagt Wirtschaftstreuhänder und Unternehmensberater Axel Kutschera, der an der Entwicklung des Vorgängersystems mitgearbeitet hat. Diese strukturierten Informationen, also die vorgeschriebenen Kennzahlen, werden vom Computer gelesen. Gibt es Abweichungen zu den als Kriterien zugezogenen Branchenkennzahlen, schlägt die EDV Alarm und der Steuerpflichtige wird genauer unter die Lupe genommen.

Risiko: Risikoanalyse. Doch gerade diese im Amtsdeutsch „Risikoanalyse“ genannte Kennzahlenrechnung birgt für die Steuerpflichtigen gewisse Unannehmlichkeiten: „Weicht ein Unternehmen aus irgendwelchen Gründen von der Norm ab, gilt es als Risikofall und bekommt Besuch von der Finanz“, meint Wirtschaftstreuhänder Kutschera. Bisher sind Unternehmen nach dem Zufallsprinzip oder bei offensichtlichen Unregelmäßigkeiten geprüft worden. Eine derart strikte und standardisierte Vorgangsweise wie sie die Risikoanalyse erlaubt, hat es nicht gegeben.

Außerdem wird mit der neuen elektronischen Methode die so genannte Offenlegung schwieriger. Bisher konnte der Antragsteller in den Beilagen zur Steuererklärung jeden Sachverhalt – jede Ausgabe, die er für steuermindernd hält – offen legen. Lag er mit seiner Einschätzung daneben, so hatte eine nachträgliche Korrektur durch die Finanzbehörde keine strafrechtlichen Folgen. Jetzt sind Einschätzungsfehler nicht mehr nachvollziehbar – im schlimmsten Fall kann die Behörde bei möglichen Unregelmäßigkeiten von vorsätzlicher Falschinformation ausgehen und finanzstrafrechtliche Ermittlungen veranlassen.

Weltweiter Zustellempfänger? Zudem gibt es derzeit noch rechtliche Unwägbarkeiten: Etwa die Frage, ab wann ein Bescheid als zugestellt gilt. Bisher war dies der Fall, wenn das Papier im Briefkasten des Steuerzahlers landete. War dieser auf Urlaub und konnte seine Abwesenheit auch beweisen, haben sich Zustelldatum und damit auch Einspruchsfristen entsprechend verschoben. Beim elektronischen Akt ist das nicht mehr so klar. Denn ein Bescheid gilt dann als zugestellt, wenn er in der „Databox“ des Users landet – also vom Finanzbeamten über FinanzOnline versandt worden ist. „Theoretisch könnte ich einen Computer auch mit nach Australien nehmen und einen Internetzugang habe ich über das Handy dort ebenfalls“, meint Kutschera. Der Bürger könnte durch die Technik also notgedrungen zum weltweiten Zustellempfänger werden. Umgekehrt ist der Antragsteller verpflichtet, durch mehrmaliges Aufrufen von FinanzOnline im Internet zu kontrollieren, ob seine Steuererklärung auch fristgerecht beim Finanzamt gelandet ist.

Teures Update. Kaum einen Mehraufwand für die Unternehmen stellt allerdings das Update der Buchhaltungssoftware dar. Das wird notwendig, weil die vom Fiskus geforderten Kennzahlen in Zukunft einfach abrufbar sein müssen. „Die Zusammenarbeit zwischen Ministerium und Softwarehäusern klappt sehr gut“, erklärt Erich Lichtmannegger von der Wirtschaftskammer. Die Softwarelieferanten wissen schon länger, was auf sie zukommt. Eine Anpassung sollte in der Regel bei den ohnehin routinemäßig vorzunehmenden, meist jährlichen Updates erfolgen. „Außerdem lässt die überwiegende Mehrzahl der österreichischen Betriebe die Buchhaltung von Wirtschaftstreuhändern erledigen. Es gibt nur wenige ganz kleine und einige große Betriebe, die das selbst tun“, meint Lichtmannegger.

Geschützte Daten. Datensicherheit wird beim System FinanzOnline groß geschrieben. Zugang zu FinanzOnline bekommt der User nur mit Teilnehmeridentifikation (TID), Benutzeridentifikation (BENID) und persönlicher Identifikationsnummer (PIN). Mit diesen Sicherheitsmaßnahmen sind auch die Datenschützer der ARGE Daten zufrieden. Obmann Hans Zeger: „FinanzOnline ist ein gutes Beispiel dafür, dass E-Government auch ohne zentral registrierte, umständliche Bürgerkarte möglich ist.“ Ein Versprechen musste die Politik bisher mit FinanzOnline jedoch schuldig bleiben: jene der Zustellung eines Bescheides nur wenige Stunden nach dem Verschicken der Erklärung. Steuerbescheide quasi in „Echtzeit“ bleiben nämlich Wunschdenken. Der Grund dafür ist in der Verfassung verankert: Ein Bescheid darf nicht von einer Maschine bearbeitet und verschickt werden. „Ein Bescheid ohne das Mitwirken eines Menschen ist nicht erlaubt. Ein Organ der Finanzbehörde muss zumindest die Möglichkeit haben, eingreifen zu können“, erklärt Erich Waldecker, technischer Projektleiter im Finanzministerium. Ganz ohne Mensch wird es in Österreichs Amtsstuben also auch in der jetzt begonnenen Zukunft nicht gehen.

Quelle: Industriemagazin

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