Heute 414

Gestern 638

Insgesamt 39432637

Donnerstag, 16.05.2024
eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
OB Dr. Vornehm: Wir machen nicht nur ein up-date im Rathaus – wir starten das neue Betriebsprogramm „Dienstleistungsverwaltung“

Ein Paket mit 55 Einzelmaßnahmen ist geschnürt. Auf dem Paketaufkleber steht: „Verwaltungsreform 2008 – 2012 Gera“.

Es enthält die Anleitung, wie die Verwaltung mit Aufräumen, Umräumen und neu Sortieren in den nächsten Jahren zu einem effizienten, serviceorientierten Dienstleister wird.

„Je besser die Verwaltung arbeitet, desto größer ist der Nutzen für die ganze Stadt. Und das ist unser Auftrag“, so Vornehm zur Präsentation des Reformkonzeptes.

Um künftig besser arbeiten zu können, setzt das Konzept auf fünf Schwerpunkte:

Erstens auf mehr Service.

Zweitens auf die Stärkung der Eigenverantwortung, weil die bisher dominante Zentralisation mit der mehrfachen Prüfung der Sachlage Prozesse extrem verlangsamte und Mitarbeiter viel zu sehr zu „Erfassern und Weiterreichern von Vorgängen“ machte. Deshalb werden die Fachdienste künftig selbst verantwortlich für ihre Arbeit und ihre Budgets. „Wir haben hoch qualifiziertes Personal. Das kann seine Fähigkeiten nur zum Tragen bringen, wenn wir es zulassen. Wir lassen es jetzt zu und ich bin mir sicher, dass sich ganz viele Mitarbeiter auf dieses Mehr an Selbstständigkeit sehr freuen.“ Die Handfesseln für die Mitarbeiter, die ihnen durch die bisherige Struktur angelegt wurden, würden jetzt gelöst.

Dritter Punkt ist das Ausrichten der Organisation an den Zielen des Rathauses für die nächsten Jahre. „Das Organigramm, seine Verzweigungen und zugehörigen Aufgaben beziehungsweise Produkte dienen dem Ziel und nicht umgekehrt. Unsere Kernaufgabe heißt Wirtschaft, also machen wir eine Struktur, die dem entspricht“, so Vornehm.

Schwerpunkt vier ist der Ausbau von e-Government und neuen Technologien wie Datenmanagement, weil sich in fast allen Bereichen damit Prozesse und die Auskunftsfähigkeit gegenüber den Bürgern beschleunigen lassen. Und fünftens geht es um das stärkere Vernetzen der Bereiche, da bisher die Linke noch zu losgelöst von der Rechten agiert und Arbeiten doppelt oder mit hohem Zeitaufwand erledigt werden.

Über allen 55 Maßnahmen steht in Großbuchstaben die Forderung zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung, um den kommunalen Haushalt langfristig auf sichere Füße zu stellen.

Vornehms Ausblick auf 2012: „Wir werden mit deutlich weniger Personal mehr Service anbieten, schneller und zielorientierter arbeiten. Wir werden noch mehr gestalten als verwalten.“

Die Anzahl der Beschäftigten solle von derzeit rund 1470 auf rund 800 im Jahr 2012 sinken. Das geschehe überwiegend durch Altersteilzeit und Rentenübertritte, also natürliche Fluktuation, sowie durch die Übertragung von Aufgaben an Dritte bei gleichzeitigem Übertritt von Mitarbeitern zu künftigen Dienstleistern. „Wir brauchen bei weniger Einwohnern, durch Erleichterungen per EDV und die neue, intelligente Struktur tendenziell weniger Personal. Die Mitarbeiter wissen, dass wir alle Möglichkeiten nutzen, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden“, versichert Vornehm. Er setzt zugleich auf die hohe Bereitschaft der Belegschaft für Veränderungen. „Ich weiß es aus zahlreichen Gesprächen, dass unsere Leute selbst ganz viele Ideen haben und die Modernisierung unterstützen wollen. Sie wünschen sich auch, dass das, was sie jeden Tag verantwortungsvoll tun, auch von außen so wahr genommen wird. Das werden wir gemeinsam auch schaffen“, so der OB.

Außerdem sind die Mitarbeiter in den Gestaltungsprozess voll einbezogen.

„Wir haben die Mitarbeiter aufgerufen, sich aktiv einzubringen. Jeder Vorschlag wird in der Projektgruppe Struktur vorurteilsfrei bewertet. Einige Vorschläge finden sich bereits im Konzept wieder und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen“, so Dr. Karin Vöckler. Die Leiterin der Abteilung Stadtrat der Stadtverwaltung Gera ist die Leiterin der rathaus-internen Projektgruppe Struktur.

Zum 1. Januar 2008 geht das Paket auf den Weg. Einige Maßnahmen dauern laut Vornehm bis 2012 an, weil sie auf andere aufbauen.

Zu den Startmaßnahmen gehört zum 1.1. auch die Abschaffung der Ämter. Die ganze Verwaltung besteht dann nur noch aus dem OB-Bereich und aus 4 Dezernaten mit insgesamt 24 Fachdiensten, denen zunächst alle Mitarbeiter zugeordnet werden.

Um die künftigen Fachdienstleiter schon frühestmöglich in den Aufbau ihrer Fachdienste mit einzubeziehen, läuft aktuell ein Interessenbekundungsverfahren für die Stellen. Diese werden als verantwortungsvolle Positionen gut dotiert, aber „wie alle hoch verantwortungsvollen Positionen bei uns nur noch befristet besetzt. Amtsleiter auf Lebenszeit ist passé“, so Vornehm.

Zu den langfristigen Maßnahmen gehören unter anderem die komplette Überarbeitung aller Haushaltsstellen, Bezeichnungen, Anordnungsbefugnisse. Die Anlagenbuchhaltung als erste Voraussetzungen zur Erstellung der Eröffnungsbilanz auf der Grundlage der in Thüringen noch zu beschließenden Reform des Haushalts- und Rechnungswesens wird aufgebaut.

Es entsteht ein neues Raumkonzept, mit dem möglichst alle Fachdienste und gegebenenfalls die gesamte Verwaltung an einem Raum konzentriert werden kann.

Um die Wirtschaftsförderung auch ressortübergreifend zum tragenden Ansatz werden zu lassen, wird es einen Fachdienst Wirtschaftsförderung/Stadtentwicklung geben. Damit können gesamtstädtische strategische Fragen an einer Stelle zusammengeführt und zudem im Einklang mit wirtschaftlichen Zielen weiterentwickelt werden.

Für Investoren und Unternehmen vor Ort sollen analog zum StadtService H35 Dienstleistungen aus einer Hand angeboten werden: So wie Unternehmen ihren Kunden persönliche Betreuer zur Seite stellen, werden alle Unternehmen künftig auch von ihrem persönlichen Betreuer begleitet.

Der StadtService H35 wird erweitert. Schon im Januar 2008 soll in der 1. Etage der Heinrichstraße 35 der „StadtBauservice“ in Betrieb gehen. Vom Bauantrag bis zum Bescheid gibt es dann eine feste Anlaufstelle – von montags bis samstags zwischen 8 und 20 Uhr.

Für die Musik- und Kunstschule, die Außenstellen der Bibliotheken werden private Träger gesucht und für das künftig um einen Freibadbereich erweiterte Hofwiesenbad ein privater Betreiber.

„Wir machen das größte up-date, das es je in der Geraer Verwaltung gegeben hat. Wir fahren im Prinzip ein neues Betriebsprogramm hoch.“, so Vornehm.

Dass sich nicht alle Mitarbeiter des Rathauses auf die anstehenden Veränderungen freuen, liegt bei den gravierenden Einschnitten auf der Hand. „Das kann ich voll und ganz verstehen. Denn wenn ich bis heute für eine bestimmte Aufgabe zuständig war, die ab morgen ganz anders oder gar nicht mehr sein soll, dann ist das ein Einschnitt. Aber wir können nicht einfach weiter machen wie bisher und jeder gibt weiter sein Bestes. Wir müssen als Ganzes besser werden und das schaffen wir.“

Quelle/Source: Gera, 13.07.2007

Zum Seitenanfang