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Ein kostenloser Anruf mit dem Handy, und die Kölner Verkehrs-Betriebe schicken den Fahrschein für Bus oder U-Bahn per SMS. Theoretisch ließen sich viele solcher alltäglichen Geschäfte schnell und praktisch per Mobiltelefon erledigen -- in Hanau beispielsweise startete ein Modellversuch, der ebenfalls das Bezahlen von Bus- und Bahn-Ticket per Handy ermöglichen soll, und das ganz ohne zwischengeschaltete SMS. Dennoch besteht in Deutschland trotz zahlreicher Ankündigungen nach wie vor nur vereinzelt Gelegenheit dazu. Und wo das so genannte Mobile beziehungsweise M-Payment angeboten wird, dort halten sich die Verbraucher noch zurück. "Bisher ignorieren die meisten Nutzer mobile Bezahlmöglichkeiten", sagt Key Pousttchi, Wirtschaftsinformatiker an der Universität Augsburg. Dabei besteht prinzipiell durchaus keine Abneigung gegen das Verfahren: Eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums ergab im Herbst 2004, dass knapp die Hälfte der Bundesbürger bereit wäre, mit dem Handy zu bezahlen. Der Kölner Trend beim SMS-Fahrschein bestätigt das: "Seit Anfang Dezember 2004 konnten wir mehr als 75.000 Tickets per Handy absetzen", sagt Joachim Berger von der Kölner Verkehrs-Betriebe AG. Mehrere Tausend Kunden hätten sich schon für den Service angemeldet. Vor allem für Gelegenheitsfahrer lohne sich das mobile Ticket. Denn erst wenn die Abrechnung erfolgt, entscheidet sich der Tarif: "Wer öfter gefahren ist, bekommt die Fahrten für den Preis der günstigen Vierer-Karten berechnet."

Wer Bustickets mobil kauft, lädt sich vielleicht auch den Fahrplan aufs Handy und möchte die Parkgebühren für das Auto ebenfalls per SMS abwickeln. Daneben sind zahlreiche weitere Nutzungen denkbar: Die Pizza-Bestellung oder die Taxifahrt, die Stauvorhersage oder der Einkauf sowohl über das Internet als auch beim Händler. Zigaretten am Automaten etwa könnten mit Hilfe der NFC-Technik (Near Field Communication), die auch der Hanauer Modellversuch nutzt, bezahlt werden. Dabei wird das Handy an den Automaten gehalten und elektronisch erkannt. "Wichtig ist vor allem, dass der Nutzer sowohl große als auch kleine Beträge in allen Verkaufsszenarien abwickeln kann", sagt Key Pousttchi.

Solange sich der Käufer noch fragen muss, ob er ein bestimmtes Geschäft per Handy abwickeln kann oder nicht, wird er den Experten zufolge meist auf gewohnte Methoden zurückgreifen. "Bezahlen ist schließlich eine Pflicht und kein Vergnügen wie der Download von Klingeltönen", sagt Sven Siering, Mobile-Payment-Experte der Postbank in Bonn. Ob das Handy als eine Art Fernsteuerung zur Bedienung des Bankkontos dient, als mobile Währung per SMS oder als Hardware zur Steuerung eines Automaten, möchte der Nutzer nicht jedes Mal neu entscheiden.

Auch das Anmelden bei den einzelnen Anbietern ist den meisten Teilnehmern zu mühsam. Diese Erfahrung hat zum Beispiel T-Mobile mit seinem Service "Mobile Wallet" gemacht und ihn deshalb Ende März eingestellt. "Der mobile Zahlungsdienst konnte sich nicht in der breiten Masse durchsetzen", sagt Sprecher Husam Azrak in Bonn.

Damit sich mobiles Bezahlen ebenso etabliert wie die EC-Karte, muss das Handy für diese Alltagshandlung zum Allzweckgerät werden. An der Universität Augsburg ist ein entsprechendes Modell entwickelt worden, das alle denkbaren Nutzungsmöglichkeiten unter einem Dach vereint. Für den Nutzer ist das Handy dabei eine Art Terminal, das er je nach Situation per Tastendruck, mit Hilfe eines Anruf oder als Erkennungsschlüssel für eine Zahlung einsetzt. Um das Modell Wirklichkeit werden zu lassen, müssen die Branchen zusammenarbeiten. Denn für das Transferieren größerer Beträge ist in Deutschland eine Banklizenz notwendig. Über die Telefonrechnung dürfen nur Telekommunikationsdienstleistungen im Bereich geringer Beträge abgewickelt werden. "Für die Banken ist das Thema von strategischer Bedeutung", sagt Pousttchi. Wird der Einstieg verpasst, könnten die Mobilfunkanbieter im Alleingang handeln. Das Konsortium Simpay ist bereits in den Startlöchern und wird seine Lösung noch in diesem Jahr in Spanien anbieten.

Ein M-Payment-Roundtable des Wirtschaftsministeriums unter Vorsitz des Augsburger Wissenschaftlers will Banken und Mobilfunkunternehmen zur konkreten Initiative bewegen. "Es ist bereits Bewegung in die Entwicklung gekommen. Wir wollen diesen Prozess weiter aktiv vorantreiben", sagt Sven Siering von der Postbank. Etwa zwei Jahre müsse man dieser Entwicklung jedoch noch geben, bevor der Verbraucher darauf zugreifen kann, schätzt der Fachmann. Bis sich das Blatt in Sachen M-Payment wendet und ein Verfahren in Kreditkartenmanier etabliert wird, müssen Handynutzer mit den herkömmlichen Methoden vorlieb nehmen.

Autor: (Mareike Enderle, dpa) / (jk/c't)

Quelle: Heise online, 04.05.2005

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