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Freitag, 17.05.2024
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"eGovernment"-Kongress in Frankfurt thematisiert vor allem Vorteile für den Apparat

Informationstechnologie. - Der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie soll Behörden effizienter, schneller - und bisweilen auch - bürgernäher machen. Der "eGovernment"-Kongress der hessischen Landesregierung in Frankfurt drehte sich vor allem um die interne Rationalisierung. Deren Potential verhält sich dem der besseren Bürgernähe etwa so, wie der Teil des Eisbergs, der unter dem Meeresspiegel liegt, zum sichtbaren. Unter der Oberfläche gibt es viel zu tun. Das Thema "eGovernment" ist längst mehr als nur das digitale Rathaus. Es geht vor allem ums Kostensparen, und zwar unter der Oberfläche. In Hessen wurde dazu eigens ein Chief Information Officer von der Landesregierung eingesetzt. Also ein IT-Chef, der zum Beispiel die konsequente kaufmännische Kostenrechnung oder die elektronischen Akte einführen soll. Doch dafür muss er erst einmal Strukturen schaffen, erklärt Innenstaatssekretär Harald Lemke, der CIO Hessens:

"Unterhalb des Eisberges sind eben die Dinge, die kein Mensch sieht. Wie Standardisierung, gemeinsame Systeme, gemeinsame Kommunikationsinfrastrukturen, von denen wir eigentlich wie selbstverständlich ausgehen, dass das alles da ist. Aber häufig, in der öffentlichen Verwaltung - weil sie sehr heterogen organisiert ist - schlicht und ergreifend nicht vorhanden ist. Und hier haben wir eine Reihe von Infrastrukturprojekten noch vor uns. Um überhaupt diese gemeinsame Infrastruktur, die in der Wirtschaft schon immer da ist, auch in die öffentliche Verwaltung zu legen."

Neue Kommunikationsnetze müssen geplant, Datenaustauschformate zwischen den einzelnen Behörden geklärt, Webseiten vereinheitlicht und Emailserver auf die gleiche Technik gebracht werden. Einfach, weil bislang jede Behörde in Sachen Informationstechnologie mehr oder weniger gemacht hat, was sie wollte. Vorbei also die Zeiten, in denen eGovernment einfach nur schöne Internet-Portale für Dienstleistungen am Bürger bedeutete. Per Mausklick eine Geburtsurkunde ordern zu können oder online dem Fiskus den Namen von Waldi zu verraten - das lockt heute keinen Hund mehr hinterm Ofen hervor. Obwohl es auch da immer wieder noch die eine oder andere hoheitliche Aufgabe gibt, die man medienwirksam online stellen kann. Da fällt dem CIO Lemke zum Beispiel noch LUSD ein:

"Lehrer und Schüler-Datei. Ja - da geht es eigentlich darum, auf Landesebene eine Übersicht zu bekommen - und zwar eine tagesaktuelle Übersicht - wie sieht die aktuelle Situation an den Schulen aus hinsichtlich Unterrichtsversorgung, hinsichtlich Unterrichtsausfällen. Wo werden sehr schnell Vertretungen benötigt, und so weiter. Um hier überhaupt ein Werkzeug zu haben, damit diese Transparenz da ist, führen wir in Hessen an allen Schulen ein neues System ein, in dem eben diese Daten erfasst, ausgewertet werden können und eben diese Transparenz dem Bürger zugute kommt."

Doch schaut man sich die Online-Portale, die wirklich mit viel Energie und Aufwand vorangetrieben werden, genau an, so stellt man fest, dass der Vorteil für den gemeinen Bürger eher marginal ist - vom Unterhaltungswert ganz zu schweigen. Für die Behörde oder die Wirtschaft hingegen steckt viel drin. Das gilt auch für die Online-Polizei-Wache in Hessen, bei der jeder Bürger anonym oder namentlich alles - außer Notfällen - rechtskräftig zur Anzeige bringen kann. Wer das Online-Formular ausfüllt und abschickt, bringt die Sache sofort auf den elektronischen Dienstweg. Sie ist von jedem Polizisten in Hessen einsehbar und wird nach spätestens einer Stunde von der zuständigen Dienststelle bearbeitet. Die virtuelle Polizeistation ist für die Wirtschaft richtig interessant, wie Manuel Milani vom Projekt Online-Wache erklärt:

"Wir sprechen auch gleichzeitig Unternehmen an, die Massen- und Bagatell-Delikte bearbeiten müssen. Zum Beispiel Kaufhäuser, zum Beispiel der öffentliche Person-Nahverkehr, die mit unheimlich vielen Strafanzeigen täglich zu tun haben. Und dort wollen wir Bereiche der Polizei entlasten, weil dort Mitarbeiter eingebunden sind in der ständigen Erfassung solcher Anzeigen."

Zehn Minuten Dienstzeit dauert im Schnitt eine Bagatellanzeige. Und allein in der Anfangsphase ist eine Kapazität von 6000 Online-Anzeigen geplant. Da kann sich nicht nur der Schutzmann auf der Wache wichtigeren Dingen zuwenden - auch der Kaufhausdetektiv oder der Fahrkartenkontrolleur spart Zeit. Denn für registrierte Anzeigeerstatter gibt es spezielle Online-Tools für die Routine-Anzeigen gegen Ladendiebe oder Schwarzfahrer.

Das Thema eGovernment - so erklärt ein Insider bei abgeschaltetem Mikrofon - sei das gleiche Spiel wie mit den Überweisungen: Die Banken lassen den Kunden zu Hause die Arbeit der Datenerhebung machen und verlangen auch noch Geld dafür. Und als Dank werden die Filialen geschlossen.

Autor: Manfred Kloiber

Quelle: Deutschlandradio, 13.10.2005

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