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eGovernment Forschung seit 2001 | eGovernment Research since 2001
Von der Reformidee zur digitalen Realität: Die E-Government-Evolution hat Fahrt aufgenommen. Breite Akzeptanz gilt als Schlüssel zum Erfolg, doch hier gibt es noch einigen Nachholbedarf bei Bevölkerung und Beamten.

Ein wenig hippe Imagepolitur kann bekanntlich nie schaden. Sogar Politiker überwinden zeitweise ihren professionellen Sprödheitsfaktor, wenn öffentlicher Zusatzapplaus winkt.

Die britische Regierung hat jetzt das bunte Parkett des Internetzeitgeistes erprobt und Fans von YouTube überrascht: Zwei Werbeclips finden sich auf jenem trendigen Videportal.

Selbst wenn solche Aktionen eher zur Kategorie Spaßgesellschaft gehören: Die Liaison zwischen Staat und Online wird unübersehbar intensiver. E-Government lautet das Synonym für eine modernisierte Verwaltung, die dem Bürger neue elektronische Service-Dimensionen eröffnen möchte. Österreich hat sich dabei schon einen EM-Titel geholt: Die Management- und IT-Beratung Capgemini führte das bereits sechste Benchmarking der Basisdienste durch, das Land liegt 2006 auf Platz 1.

"Ein Grund ist, dass bereits sehr frühzeitig mit dem Einstieg begonnen wurde", weiß Dietrich Rössner, Direktor Öffentlicher Bereich bei IBM Österreich. Tatsächlich hat die Alpenrepublik geschaltet, während andere Staaten die analoge Eigenschaft des Tiefschlafes vorgezogen haben. Projekte wie beispielsweise der Amtswegweiser help.gv.at oder die E-Card werden nun im Ausland mit fachlichem Interesse begutachtet.

Der Sprung von der Theorie zur Praxis ist also voll im Gange. Es ist nicht zuletzt der Nachfolger des klassischen Krankenscheins, welcher der breiten Öffentlichkeit ein konkretes Gefühl verleiht, was denn jene Elektroverwaltung für den Alltag bedeutet. Kapsch BusinessCom sorgte während der Einführung für die Implementierung bei Ärzten, die ihren Zugang zum neuen System über Telekomfirmen oder Priority bestellt hatten. Auch hier zeigte sich die Sensibilität der Materie.

"Es muss von Beginn an ein funktionierendes System zur Verfügung stehen, das sich relativ problemlos bedienen lässt", fordert Alfred Reinprecht, Produktmanager von Kapsch BusinessCom im Interview. "Sonst können solche Projekte sehr, sehr rasch scheitern, weil der User denkt: Das bringt mir nichts als unnötigen Ärger. Gleichzeitig erfordern solche Lösungen eine extreme Sicherheit bei den Netzwerken, hohe Bandbreiten und auch enorme Speicherkapazitäten."

Ängste abbauen

Solche Details interessieren Bürger hinter dem Monitor herzlich wenig. Dort stehen ganz andere Faktoren im Zentrum: Benutzerfreundlichkeit, Berührungsängste. "Technologie ist nicht das Problem", betont Rössner. "Das liegt eher in der Akzeptanz. Hier existiert noch sowohl aufseiten der Bevölkerung wie bei Beamten einiges Verbesserungspotenzial. Die Herausforderung lässt sich durch den leichten Systemzugang meistern."

Dadurch lässt sich die Nutzungsrate vorerst noch ungewohnter Dienste steigern. Die Integration ins tägliche Leben muss schon deshalb forciert werden, weil E-Government einen dynamischen Prozess darstellt, dessen langer Weg erst begonnen hat. Reinprecht: "Die Kommunikation zwischen Behörden und Bürger ist noch lange nicht ausgeschöpft. Live-Chat, virtuelle Beratung oder Portale sind hier Zukunftsoptionen. So vermeidet die Digitalbürokratie anonyme oder sterile Konturen, was mögliche Hemmschwellen und Barrieren seitens der Anwender abbaut." Auf die Verwaltungs-Architekten warten also noch gehörige Arbeit. Das Londoner Wirtschaftsforschungsinstitut Economist Intelligence Unit befragte im Auftrag von SAP Führungskräfte aus den Institutionen - sie gehen davon aus, dass die Ansprüche an schnelle sowie zuverlässige Dienste künftig deutlich zunehmen werden. Ein weitere Annahme: 2010 wird die Öffentlichkeit mehr Zugriff auf Informationen des öffentlichen Sektors haben und erwarten, dass sich Investitionen für IT-Systeme in sozialem wie finanziellem Mehrwert zeigen. Die Belastungsprobe wartet.

Autor(en)/Author(s): (Prenger, DER STANDARD-Printausgabe, 06.09.2006)

Quelle/Source: economyaustria, 06.09.2006

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